Immunologische Erkrankungen und Immuntherapie in der dermatologischen Praxis

Immunologische Erkrankungen und Immuntherapie in der dermatologischen Praxis
Moderne Immuntherapie in der dermatologischen Praxis
Chronisch-entzündliche Hauterkrankungen wie Psoriasis, atopische Dermatitis (Neurodermitis) oder chronische Urtikaria gehören zu den häufigsten und zugleich belastendsten Krankheitsbildern in der dermatologischen Praxis. Sie beeinträchtigen nicht nur die Haut, sondern auch Schlaf, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Betroffenen erheblich.
In den letzten Jahren hat sich die Dermatologie grundlegend gewandelt. Neue immunologische Erkenntnisse und moderne Therapien ermöglichen heute eine gezielte Behandlung der zugrunde liegenden Entzündungsmechanismen. Praxisdaten aus mehreren Jahren zeigen, wie effektiv und sicher diese Therapien im medizinischen Alltag eingesetzt werden können.
Die Haut als aktives Immunorgan
Die Haut ist ein zentraler Bestandteil des menschlichen Immunsystems. In ihr laufen komplexe Abwehr- und Regulationsmechanismen ab, die bei Fehlsteuerung zu chronisch-entzündlichen Dermatosen führen können. Entscheidend sind dabei bestimmte Botenstoffe des Immunsystems, sogenannte Zytokine.
Bei der Psoriasis spielen unter anderem Interleukin-17 und Interleukin-23 eine Schlüsselrolle, während bei der atopischen Dermatitis vor allem Interleukin-4 und -13 relevant sind. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage moderner zielgerichteter Therapien.
Immunmodulation statt Immunsuppression
Ein wesentlicher Fortschritt der letzten Jahre ist der Wechsel von unspezifischer Immunsuppression hin zur gezielten Immunmodulation. Biologika – meist monoklonale Antikörper – blockieren einzelne entzündungsfördernde Signalwege sehr präzise.
Dadurch ergibt sich ein günstiges Verhältnis von Wirksamkeit und Sicherheit, auch bei Langzeittherapien. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass sich mit strukturierter Diagnostik, klarer Indikationsstellung und regelmäßigem Monitoring auch komplexe Krankheitsverläufe sicher behandeln lassen.
Psoriasis und Psoriasis-Arthritis früh erkennen
Etwa 30 Prozent der Psoriasis-Patienten entwickeln im Verlauf eine Psoriasis-Arthritis. Diese betrifft nicht nur die Haut, sondern auch Gelenke, Sehnenansätze und Wirbelsäule. Häufig werden die Gelenkbeschwerden spät erkannt, da bildgebende Verfahren in frühen Stadien unauffällig sein können.
Die klinische Erfahrung zeigt, dass eine sorgfältige Anamnese, strukturierte Scores und das Bewusstsein für Enthesitiden entscheidend sind. Moderne Immuntherapien können sowohl Haut- als auch Gelenksymptome effektiv kontrollieren, wenn sie rechtzeitig eingesetzt werden.
Atopische Dermatitis: Fokus auf Lebensqualität
Die atopische Dermatitis ist eine multifaktorielle Erkrankung, bei der eine gestörte Hautbarriere, immunologische Fehlsteuerung und häufig allergische Begleiterkrankungen zusammenwirken. Besonders belastend sind chronischer Juckreiz und sichtbare Hautveränderungen, oft im Gesicht.
Praxisdaten zeigen, dass moderne Biologika wie Dupilumab zu einer raschen und anhaltenden Besserung führen können. Viele Patienten erreichen innerhalb weniger Wochen eine deutliche Reduktion von Entzündung und Juckreiz. Gleichzeitig bleibt das Sicherheitsprofil sehr günstig.
Allerdings zeigt sich auch, dass Therapieunterbrechungen häufig zu raschen Rückfällen führen. Dies unterstreicht den chronischen Charakter der Erkrankung und die Bedeutung einer langfristigen Behandlungsstrategie.
Chronische Urtikaria: Ein heterogenes Krankheitsbild
Die chronische Urtikaria ist durch wiederkehrende Quaddeln und Juckreiz über mehr als sechs Wochen definiert. Sie verläuft sehr unterschiedlich: Während manche Patienten spontan beschwerdefrei werden, leiden andere über Jahre hinweg.
Die Anti-IgE-Therapie mit Omalizumab hat sich bei einem Teil der Patienten als sehr wirksam erwiesen, insbesondere bei frühem Ansprechen. Gleichzeitig zeigen Praxisbeobachtungen, dass nicht jede Urtikaria gleich reagiert und Spontanremissionen möglich sind. Eine strukturierte Verlaufskontrolle ist daher essenziell.
Immuntherapie während der Corona-Pandemie
Die COVID-19-Pandemie warf viele Fragen auf, insbesondere bei Patienten unter immunmodulierender Therapie. Die Erfahrungen aus der dermatologischen Praxis zeigen jedoch, dass gut eingestellte Therapien in der Regel sicher fortgeführt werden können.
Weder ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe noch negative Effekte durch Impfungen wurden beobachtet. Impfungen – auch unter laufender Biologika-Therapie – erwiesen sich als gut verträglich und ohne relevante Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf.
Organisation und Verantwortung in der Praxis
Der Einsatz moderner Immuntherapien erfordert mehr als nur medizinisches Wissen. Aufklärung, Impfstatus-Analyse, Laborkontrollen, Dokumentation und wirtschaftliche Verantwortung spielen eine zentrale Rolle.
Spezialisierte Immundermatologie-Sprechstunden und eine enge Zusammenarbeit zwischen Praxis und Klinik haben sich als effektive Strukturen erwiesen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Fazit
Die moderne Dermatologie ist heute untrennbar mit der Immunologie verbunden. Zielgerichtete Immuntherapien haben die Behandlung chronisch-entzündlicher Hauterkrankungen nachhaltig verändert.
Für Patientinnen und Patienten bedeutet dies eine neue Perspektive: weniger Symptome, mehr Lebensqualität und eine langfristig stabile Krankheitskontrolle – vorausgesetzt, Therapieentscheidungen erfolgen individuell, strukturiert und auf Basis aktueller immunologischer Erkenntnisse.
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